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Wie eine Frau aus Aargau in den Fokus der Nazis geriet

Wie eine Aargauerin ins Visier der Nazis geriet

Teaser: Lili Glarner plant eine Reise. Stattdessen wird sie in Berlin von der Gestapo verhaftet – unter Spionageverdacht.

21. Dezember 2025, 14:42 Uhr

Die Geschichte von Lili Glarner, einer Schweizerin, die 1933 von der Gestapo inhaftiert wurde, ist durch neu entdeckte Briefe wieder ans Licht gekommen. Ihre Verhaftung mit 25 Jahren und die folgenden 15 Monate in Haft offenbaren ein Leben geprägt von politischem Widerstand und persönlicher Stärke. Jahrzehntelang verschwiegen, werden ihre Erlebnisse nun in einem Theaterstück auf Basis ihrer eigenen Worte aufgearbeitet.

Geboren in einer angesehene Ärztefamilie in Wildegg im Kanton Aargau, entwickelte Lili Glarner früh eine starke Überzeugung für den Kommunismus. 1933, während sie mit ihrem niederländischen Freund auf Visa für die Ausreise in die Sowjetunion wartete, schloss sie sich in Berlin einer kommunistischen Widerstandsgruppe an. Noch im selben Jahr wurden beide von der Gestapo unter Spionageverdacht festgenommen.

Glarner verbrachte 15 Monate in Haft, davon zwölf in Einzelhaft. In dieser Zeit schrieb sie 23 Briefe an ihre Mutter, in denen sie ihr Leid schilderte. Ihre Freilassung 1934 dürfte auf den Druck ihres Vaters Paul zurückgehen, der Schweizer Behörden und sogar Kontakte in NS-Kreisen mobilisierte. Auch das Geständnis ihres Freundes und ihre Schweizer Staatsbürgerschaft könnten eine Rolle gespielt haben. Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz heiratete sie 1938 Helmut Zschockke. Das Paar bekam fünf Töchter und einen Sohn. Beide blieben politisch aktive Kommunisten, erlebten im Kalten Krieg jedoch Berufsverbote und Polizeibeobachtung. Über ihre Haftzeit sprach Glarner nie mit ihren Kindern. Sie starb 1965 mit 56 Jahren an Krebs.

Ihre Geschichte wäre vielleicht in Vergessenheit geraten, hätte nicht der Dramaturg Peter-Jakob Kelting bei Recherchen im Stadtmuseum Aarau auf ihren Fall gestoßen. Jahre lang untersuchte er ihre Briefe, die in Schweizer und deutschen Archiven erhalten geblieben sind. Seine Erkenntnisse bilden nun die Grundlage für sein Theaterstück „Aus der Zeit. Eine Spurensuche“, das ihr verborgenes Schicksal ans Licht holt.

Glarners Briefe bieten eine seltene authentische Schilderung des Lebens in Gestapo-Haft. Ihr Schweigen über das Erlebte ließ ihre Familie jahrzehntelang im Unklaren über ihr Leid. Nun wird ihr Schicksal durch Keltings Arbeit endlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.