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Ein geschmückter Weihnachtsbaum mit Statuen von Menschen auf einem darunter platzierten Tisch.

Die Wahrheit

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Teaser: Lebenslanger Bayer: Allgegenwärtig vor Weihnachten in Bayern ist das Gedicht „Heilige Nacht“ des nach wie vor beliebten Antisemiten Ludwig Thoma.

18. Dezember 2025, 23:06 Uhr

Ludwig Thomass antisemitische Schriften sind längst dokumentiert, doch sein Erbe lebt in Bayern weiter. Straßen und Schulen tragen noch immer seinen Namen, während sein umstrittenes Gedicht „Heilige Nacht“ eine fest verankerte Weihnachtstradition bleibt. Jedes Jahr zur Adventszeit wird das Werk rezitiert, aufgeführt und sogar vertont – quer durch die Region.

Erstmals im frühen 20. Jahrhundert veröffentlicht, bietet „Heilige Nacht“ eine satirische Interpretation der Weihnachtsgeschichte. Maria und Josef irren durch ein chaotisches Bethlehem, auf der verzweifelten Suche nach einer Herberge. Zeilen wie „Im Wald is so staad / Alle Weg san vawaht / Alle Weg san vaschniebn / Is koa Steigl net bliebn“ haben sich tief in die bayerische Weihnachtskultur eingraben und werden oft als Weihnachtslieder gesungen.

Seit über 25 Jahren inszeniert der Schauspieler Enrico de Paruta jährliche Aufführungen von Thomass Gedicht in München, Ingolstadt und Regensburg. Die Vorstellungen sind stets ausverkauft, ziehen ein Publikum an, das sie als festen Bestandteil der Feiertage betrachtet. Ähnliche Veranstaltungen in Palermo, Mailand und Rom locken ebenfalls volle Häuser. Trotz Thomass gut dokumentierter antisemitischer Artikel in den „Miesbacher Anzeiger“ stoßen Bemühungen, nach ihm benannte Straßen und Schulen umzubenennen, auf Widerstand. Viele Einheimische, die mit seinen Geschichten aufgewachsen sind, argumentieren, sein kultureller Beitrag überwiege seine umstrittenen Ansichten. Die anhaltende Beliebtheit des Gedichts steht in scharfem Kontrast zu der spaltenden Geschichte seines Autors. Doch in Bayern bleiben beide untrennbar miteinander verbunden – die Aufführungen und öffentlichen Ehrungen gehen unvermindert weiter.

Thomass „Heilige Nacht“ bleibt ein fester Bestandteil der bayerischen Weihnachtsbräuche, Jahr für Jahr in ausverkauften Sälen aufgeführt. Die kulturelle Strahlkraft des Gedichts sorgt dafür, dass die Debatten über sein Erbe – und die Namensgebungen von Straßen und Schulen – wohl noch lange anhalten werden.